Logo Theater Neu-Ulm

Neu-Ulms einzig{artig}e Profi-Bühne: Humor in der Therapie

Humor in der Therapie:
27 Fragen und Anworten.

Von Michael Titze und Peter Hain

1. Beim Schwitzen transpirieren wir, wenn wir weinen, kommen uns die Tränen - was passiert beim Lachen?

Vieles! Die Nase legt sich in Falten, die Nasenlöcher weiten sich. Der Kopf wird zurückgeworfen, die Augen werden geschlossen. Der Zygomaticus-Muskel zieht den Mund nach oben und sorgt für einen glücklichen Ausdruck. Der Augenmuskel wird angespannt und aktiviert im Gehirn positive Gefühle. Der "Lachmuskel" spannt 15 Gesichtsmuskeln an, darunter die des Tränensacks, so dass wir "unter Tränen lachen können". Der Mund weitet sich, weil die Ein- und Ausatmung (stossweise) vervielfacht wird. Dabei werden die Stimmbänder in Schwingung versetzt, so dass es die typischen stakkatoartigen Lachlaute gibt. Der Brustkorb wird gezerrt (manchmal schmerzhaft). Der Körper schaukelt hin und her. Das Zwerchfell "hüpft" und massiert die Eingeweide.

2. Ist das so etwas wie ein seelischer Jauchzer?

Unbedingt. Lachen ist Ausdruck von Befreiung und Spannungslösung. Im Lachen steigen wir aus jeglicher Selbstkontrolle aus. Wir überlassen uns ganz der "Weisheit des Körpers" - so wie das auch ein neugeborenes Kind tut. Damit kann die ursprünglichste und reinste Lebensfreude fliessen.

3. Welcher Reiz ist dafür verantwortlich?

Diese Frage hat schon Erich Kästner aufgeworfen: "Worüber lacht der Mensch? Er lacht, wenn man ihn kitzelt. Oder er lacht, wenn er andere lachen hört. Aber worüber lacht der Mensch, wenn sein Herz und sein Verstand bei der Sache sind? Das ist rasch gesagt: Er lacht meist über Kontraste.

"Kontraste" ergeben sich immer dann, wenn der gewohnte Lauf der Dinge - das, was wir als "normal" auffassen - plötzlich abbricht, wenn etwas Unerwartetes auftritt. Das kann schon der Fall sein, wenn ein Opernsänger einen Schluckauf kriegt oder eine Autoritätsperson auf der berühmten Bananenschale ausrutscht. Dies erscheint allemal lustig, doch ob dabei wirklich herzhaft gelacht werden kann, bzw. darf, das hängt auch von der Kontrolle unseres Gewissens ab.

Von harmlosen Kontrasten leben übrigens absurde Witze, paradoxe Wortspiele und geistreiche Scherze. Ein Beispiel bringt uns Woody Allen: "Der Nihilismus behauptet, dass es kein Leben nach dem Tode gibt. Ein deprimierender Gedanke, besonders für einen, der sich nicht rasiert hat!"

4. Ist Lachen über einen Witz das Gleiche wie Lachen beim Kitzeln?

Von der Intensität her wahrscheinlich nicht. Solange unser "Denkapparat" aktiviert bleibt, lachen wir nicht so intensiv wie bei einer wirklich "primitiven", also rein körperlichen Reizung. Deshalb verzichtet man beim sogenannten Reflexlachen (das für therapeutische Zwecke genutzt wird) auf verbale Auslösereize.

5. Warum fangen wir plötzlich an zu lachen, wenn jemand irgendeinen Schwachsinn erzählt?

Es ist wieder das Kontrasterlebnis: Der Zusammenprall von Vernunft und Unvernunft bringt den normalen Ablauf unseres Denkens zu einer Art Entgleisung. "Wir können nicht mehr...", heisst es bei solchen Gelegenheiten häufig, und wir überlassen uns deshalb der Spontanreaktion unseres Körpers, die sich im Lachen entbindet. Woody Allen ist übrigens ein Meister auf diesem Gebiet, wie der folgende Ausspruch zeigt: "Es mag stimmen, dass es keinen Gott gibt. Aber versuchen Sie einmal, einen Installateur am Wochenende zu finden!".

6. Was bewirkt das Lachen im Körper?

Die Atmung wird stark angeregt, so dass es zu einem beschleunigten Austausch von verbrauchter und sauerstoffangereicherter Luft kommt. Dadurch werden u.a. die Verbrennungsvorgänge im Körper gefördert. Der Herzschlag wird zunächst beschleunigt, um sich bald deutlich zu verlangsamen, so dass der Blutdruck gesenkt wird. Die Skelettmuskulatur entspannt sich. Insgesamt kommt es zu einer besseren Durchblutung der Muskulatur. Stresshormone werden abgebaut und die Verdauungsdrüsen angeregt. Die "körpereigene Polizei" wird alarmiert. So können Blutinhaltsstoffe deutlich vermehrt werden, die die Immunabwehr sicherstellen. Schliesslich kommt es zu einer Ausschüttung von schmerzlindernden "Glückshormonen", den Endorphinen, die sich sonst nur selten (z.B. nach langem Joggen) im Blut nachweisen lassen.

7. Stimmt es, dass Lachen die Immunabwehr stärkt?

Aufgrund erster kontrollierter Untersuchungen amerikanischer Gelotologen kann angenommen werden, dass Lachen eben jene Blutinhaltsstoffe vermehren hilft, die der Immunabwehr dienen. Dazu gehören die T-Lymphozyten und T-Helferzellen, die bei der Abwehr von Krebs und kardiovasculären Krankheiten von Bedeutung sind. Lachen führt ferner zu einer Vermehrung der natürlichen Killerzellen, die bei der Eliminierung von geschädigten und entarteten Zellen von Bedeutung sind. Ausserdem bewirkt Lachen die Zunahme von Immunglobulinen, "Antikörpern", die den Keimbefall im Bereich der Atmungsorgane hemmen. Auch das vielzitierte Gamma-Interferon ist im Blut von Menschen, die zuvor ausgiebig gelacht haben, vermehrt nachweisbar.

8. Baut Lachen wirklich Stress ab?

Die Stressreaktion wird zentralnervös gesteuert und führt, u.a. durch Vermittlung des "sympathischen" Bereichs des vegetativen Nervensystems, zu einer deutlichen Anregung der funktionalen Abläufe von Atmung, Kreislauf, Herz und des Bewegungsapparats. Dabei wird die Hirnanhangsdrüse (Hypophyse), die als Schaltzentrale der Hormonproduktion fungiert, einbezogen. So kommt es zu einer vermehrten Ausschüttung des Nebennierenhormons Cortisol, das einerseits entzündungshemmend wirkt, andererseits (längerfristig) aber auch zu einer Schwächung der Immunabwehr führen kann. Die Bildung von Lymphozyten, natürlichen Killerzellen und Antikörpern wird dabei eingeschränkt. Ferner wird die Eiweisssynthese gehemmt, die für den Aufbau der Muskelsubstanz (und damit der Leistungsfähigkeit) von Bedeutung ist. Ausserdem wird bei einem andauernden Stresszustand auch der Mineralhaushalt im menschlichen Körper negativ beeinflusst, so dass die Funktionsfähigkeit der Skelett- und Herzmuskulatur beeinträchtigt werden kann.

Zusätzlich werden im Rahmen einer Stressreaktion die entzündungshemmenden Katecholamine Adrenalin und Noradrenalin vermehrt ausgeschüttet, die sog. "Flucht- und Angriffshormone". Dies führt dazu, dass der Insulinspiegel erhöht und das Herz-Kreislaufsystem sowie der Muskeltonus aktiviert werden. Wird der Stress zu einem Dauerzustand, können sich allerdings allmählich Bluthochdruck, Herzbeschwerden und chronische muskuläre Verspannungen einstellen.

Stress ist nicht grundsätzlich gefährlich; er wird erst dann zu einem gesundheitlichen Problem, wenn er zu einem Dauerzustand geworden ist. Entscheidend ist, dass die stressbedingte Dominanz jener Bereiche des vegetativen Nervensystems, die für Anspannung und Erregung verantwortlich sind, regelmässig unterbrochen, bzw. abgebaut wird, so dass der "parasympathische" Bereich dominieren kann. Dies ist der Fall, wenn es zu einer durchgreifenden emotionalen und muskulären Entspannung gekommen ist. Es gibt viele Möglichkeiten, diesen Entspannungszustand herbeizuführen. Lachen ist eine davon. Allerdings vermag nur ein ausgiebiges, intensives Lachen, das längerfristig anhält, diese heilsame Entspannung ermöglichen. Denn die Wirkung des Lachens ist paradox: Lachen löst die Stressreaktion nämlich zunächst selbst aus. Kurzfristig erhöht sich die Herzfrequenz. Der Blutdruck steigt dabei entsprechend an, so dass man von einer Schockwirkung sprechen kann. Doch nach wenigen Minuten stellt sich eine anhaltende Entspannungsphase ein, die unter der Dominanz des Parasympathicus steht: Der Herzschlag verlangsamt sich und verbleibt auf einem niedrigen Niveau. Dabei entspannt sich die Muskulatur der Arterien, so dass das Gefässvolumen erhöht wird: Der Blutdruck wird dadurch längerfristig reduziert. Ebenso wird beim Lachen zunächst die Skelettmuskulatur angespannt, um sich allmählich dauerhaft zu entspannen. Dies ist nicht zuletzt für die Schmerzbehandlung von Bedeutung, da viele Schmerzen mit einer anhaltenden Muskelspannung verbunden sind. Ausserdem wird in der Folge einer lachbedingten Entspannung der Hormonhaushalt reguliert, so dass der Überproduktion der Stresshormone Einhalt geboten wird.

9. Verbessert Lachen die Laune oder lache ich, weil ich gute Laune habe?

Beides ist richtig: Lachen erzeugt gute Laune und aus einer guten Laune heraus kann ich dann wieder herzlicher und intensiver lachen, so dass noch mehr gute Laune entsteht. Wer sich bewusst entscheidet, ausgiebig zu lachen, setzt also einen positiven Kreislauf in Gang.
Echtes (herzhaftes) Lachen stellt sich spontan allerdings nur dann ein, wenn man sich von all dem innerlich distanzieren kann, was die natürliche Lebensfreude trübt. Diese ist jedem Menschen wesensmässig mitgegeben; sie ist Bestandteil unseres inneren Kindseins. Wo sie verschüttet ist, hat der "Ernst des Lebens" - als Ausdruck perfektionistischen Erwachsenenlebens - zu sehr die Oberhand gewonnen. Dies zeigt sich in einem entmutigenden Hang, sich zu viele Gedanken zu machen über die Konsequenzen eigenen Tuns im gesellschaftlichen Zusammenhang. Man wird so zunehmend gehemmter, lustloser und ernster. "Das Lachen vergeht". Wem es gelingt, sich von dieser perfektionistischen Selbstkontrolle zu befreien, der kommt an seine ursprüngliche Lebensfreude, die sich immer im Lachen äussert, wieder heran.

10. Soll man bewusst lachen?

Unbedingt! Leider sperren sich manche Menschen gegen die vielen Anlässe, die sie zum Lachen bringen können. Wir sollten es umgekehrt machen: systematisch nach komischen Auslösereizen suchen, die den Lachreflex in Gang setzen. Es steht in unserer Macht, dem Alltag viele lustige Seiten abzugewinnen, mit unseren Mitmenschen Scherze und Witze auszutauschen und uns in unserer Freizeit bewusst auf humorige Situationen einzulassen; z.B. uns lustige Filme und Komödien anzusehen. Dabei sollten wir uns bewusst um ein lautes und intensives Gelächter bemühen.

11. Wie geht das?

Eine Möglichkeit, um in ein langes und herzhaftes Lachen zu kommen, ist die von Dr. Madan Kataria aus Bombay entwickelte Methode. Sie basiert auf Elementen des Yoga und ist strikt "nonverbal". In Indien treffen sich inzwischen täglich zehntausende von Menschen auf öffentlichen Plätzen, um sich in diesem speziellen Lachen zu üben, zu erheitern und gesundheitlich zu stärken. Auch in Deutschland haben sich derartige "Lachklubs" bereits etabliert. Man kann aber auch Tonbänder abhören, auf denen das vielstimmige Gelächter von Menschen aufgenommen ist, die sich mehr als eine halbe Stunde einem derartigen "Reflexlachen" hingeben. Indem man sich einfach "einklinkt" (was nach wenigen Minuten immer gelingt) ist man ein Teil dieser Lachgruppe, egal ob man daheim im Sessel sitzt oder sich in einem Stau auf der Autobahn befindet.

12. Ist es besser, leise, laut oder gar prustend zu lachen?

Am besten ist es auf jegliche gedankliche Kontrolle zu verzichten und sich "ganz gehen zu lassen". Dadurch ergibt sich jenes "Lachen aus dem Bauch heraus", das niemals leise oder verhalten ist, sondern - ganz im Gegenteil - einer emotionalen Explosion gleichkommt.

13. Ist es besser allein oder in der Gruppe zu lachen?

Auf jeden Fall in der Gruppe. Lachen ist bekanntlich "ansteckend". Wenn wir zusammen mit anderen lachen, entsteht eine gemeinschaftliche Heiterkeit, die wir auch von anderen Anlässen her kennen, z.B. Karnevalsveranstaltungen oder Kabarettaufführungen.

14. Wenn einem die Tränen kommen, wird es dann zuviel?

Lachtränen fliessen, weil der Lachmuskel auch die Muskulatur einbezieht, die den Tränensack umschliesst. Alles, was dann geschieht, ist reine Befreiung: Wir vergiessen nur die Tränen, die wir zuvor zurückgehalten haben.

15. Wie wird Lachen bei Krankheiten eingesetzt?

Es gibt die Möglichkeit, das reine Reflexlachen zum Beispiel zur Stärkung der Immunabwehr gezielt einzusetzen. Daneben gibt es inzwischen eine Reihe von psychotherapeutischen Verfahren, die - wie etwa die Provokative Therapie - ausdrücklich humorbezogen sind. Hier geht es aber stets um die "Umstellung" selbstschädigender Einstellungen. Der Patient soll lernen, das Leben aus einer anderen, heiteren Perspektive anzupacken. Dass dieser Umstellungsprozess auch mit Lachen einhergeht ist selbstverständlich.

16. Ist das eine ernsthafte Therapie?

Ein humorbezogenes Vorgehen kann bei den meisten der schon bekannten psychotherapeutischen Verfahren eine sinnvolle Ergänzung darstellen. Dabei muss man unbedingt zwischen Unterhaltungshumor und therapeutischem Humor unterscheiden. Letzterer zielt nicht darauf ab, den Patienten um jeden Preis zum Lachen zu bringen. Es soll vielmehr ein Prozess angeregt werden, der zu einer selbstbejahenden, mutigen Einstellung führt, die mit Heiterkeit und Lebensfreude einhergeht.
Allerdings gibt es auf dem "Psycho-Markt" auch Angebote, die mit therapeutischem Humor nichts mehr zu tun haben, sondern nur auf den schnellen, reisserischen Effekt abzielen. Diese Verfahren sind sicher nicht "seriös".

17. Und die Kassen lachen sich ins Fäustchen...

Lachen "auf Krankenschein" gibt es, zumindest in Europa, bislang nicht. In sehr vielen amerikanischen Krankenhäusern gibt es jedoch fest angestellte "Humorberater". "Gelächterzimmer" wurden etabliert, und therapeutisch wirksame Humor- und Lachprogramme werden angeboten. Viele Krankenschwestern und (Kinder-) Ärzte haben sich zum "Klinik-Clown" fortgebildet. Diese erfreuliche Tendenz besteht auch in Deutschland, wo es eine Reihe von Vereinen gibt, die "Klinik-Clowns", bzw. "Clowndoktoren" ausbilden. Im Rahmen des jährlich in Basel stattfindenden internationalen Kongresses "Humor in der Therapie" wird über diese Entwicklung anschaulich berichtet.

18. Woher kommt die Lachtherapie?

Aus den USA. Auch Dr. Kataria hat sich ursprünglich von den Erkenntnissen amerikanischer Gelotologen anregen lassen.

19. Wo findet man Therapeuten, die einen zum Lachen bringen?

In Deutschland gibt es nur wenige Therapeuten, die qualifiziert mit therapeutischem Humor arbeiten. Die meisten haben sich in der Fachgesellschaft "HumorCare" zusammengeschlossen, die ihren Sitz in Zürich hat und Interessierten entsprechende Auskünfte erteilt.

20. Was kostet das?

Eine von einem qualifizierten Therapeuten durchgeführte humorbezogene Psychotherapie orientiert sich in aller Regel am üblichen Krankenkassensatz.

21. Gibt es wirklich Lachclubs und sind sie zu empfehlen?

Seit etwa drei Jahren gibt es in Indien, Australien, den USA und jetzt auch in Deutschland "Lachclubs", die nach der Methode von Dr. Madan Kataria aus Bombay vorgehen. Empfehlen kann man diese Aktivitäten nur, wenn sie von einem erfahrenen Arzt oder Therapeuten angeleitet werden.

22. Wie oft soll man eigentlich lachen - welches Mass ist gesund?

Unsere persönliche Empfehlung ist, jede passende Gelegenheit zum Lachen wahrzunehmen. Wer sich einer Gruppe anschliesst, in der das "Reflexlachen" praktiziert wird, sollte dies ein bis zweimal in der Woche für jeweils 15 bis 30 Minuten tun.

23. Wem raten Sie, eine humorbezogene Therapie zu beginnen?

Jedem, der zu gewissenhaft ist, der zu Perfektionismus und Selbstkontrolle neigt. Das sind Menschen, die in der ständigen Angst leben, etwas falsch zu machen, unangenehm aufzufallen und sich dadurch lächerlich zu machen. Diese Menschen "denken doppelt": Sie fragen sich ständig: "Was denken die anderen über mich, wenn ich nicht alles richtig mache"? Diese Menschen müssen einen "Mut zur Unvollkommenheit" (der bereichsweise dem "Mut zur Lächerlichkeit" entspricht) entwickeln, der nur dann entsteht, wenn sie sich weniger Gedanken über ihr Tun machen, wenn sie sich spontan und bedenkenlos auf das einlassn, was Spass macht. Die Fähigkeit, über sich selbst lachen zu können, ist dabei eine Grundvoraussetzung für diesen heilsamen Einstellungswandel.

24. Kann Lachen auch krankhaft sein?

Ja. Dr. Raymond Moody hat in seinem Buch "Lachen und Leiden" ausführlich über Fälle berichtet, bei denen Lachen ein Krankheitssymptom darstellt. Dies kann bei bestimmten neurologischen Erkrankungen der Fall sein.

25. Wer zu viel lacht wirkt unernst, lächerlich - ist das eine Gefahr?

Lächerlich wirken häufig Menschen, die sich bemühen, möglichst normal zu wirken. Diese Menschen nehmen das Leben viel zu ernst. Das Lachen der anderen empfinden sie als Gefahr, weil sie sich ständig davor fürchten, ausgelacht zu werden. Wenn sie selbst einmal lachen, wirkt dies gekünstelt und verkrampft. Echtes Lachen ist demgegenüber nie lächerlich, möglicherweise aber für sehr ernste Zeitgenossen durchaus befremdlich.

26. Worüber lacht man in anderen Kulturen?

Auch hier sind es grundsätzlich Kontrasterlebnisse, die zum Lachen anregen. Allerdings bestimmen die jeweils gültigen kulturellen Gewissensbarrieren, wie viel Schadenfreude dabei einfliessen darf. In der Antike empfand man das herzlose Verhöhnen behinderter Menschen als belustigend. Im heutigen China werfen Zoobesucher Krokodilen kleine Küken zum Frass vor - und amüsieren sich dabei köstlich. Dies wäre bei uns undenkbar, obwohl auch wir über Normverletzungen lachen. Allerdings beziehen sich diese in der Regel auf weniger grausame Inhalte. Zum Beispiel lacht der deutsche Fernsehzuschauer am liebsten über Zoten, wie Harald Schmidt kürzlich feststellte. Das liegt auf der Ebene eines Humors, den schon Kinder besonders lieben - wenn man den Aussagen des Psychoanalytikers Ernest Borneman Glauben schenken will, der hunderte von entsprechenden Beispielen analysiert hat. Borneman hat ermittelt, dass Kinder alles lustig finden, was "unter die Gürtellinie geht". Bis zu einem Alter von ungefähr sieben Jahren bezieht sich diese Thematik auf die Produkte der Ausscheidungsorgane, danach auf diese selbst. Neben diesen Tabuverletzungen wird der lustvolle Umgang mit Aggressivität als Quelle einer Belustigung empfunden, die grundsätzlich auch in die Witze Erwachsener einfliesst.

27. Wie entstehen eigentlich Witze?

Witze sind die Schöpfung von Menschen, die einen Spass an jeglicher Art von Normverletzung haben. Da der Witz ein intellektuelles Wortspiel ist, müssen diese Menschen einerseits sehr klug sein, andererseits muss es ihnen Vergnügen bereiten, gerade die Klugheit auf die Schippe zu nehmen. So entstehen logische Brüche - oder eben "Kontraste" zwischen normalem und absurdem Denken. Wichtig für die Konstruktion eines Witzes ist seine Knappheit und Kürze. Langatmigkeit ermüdet den Zuhörer. Das zum Lachen anregende Kontrasterlebnis ergibt sich aus der Pointe, der endgültigen Zuspitzung der witzigen Erzählung. Hier lässt sich auch von einem Paradebeispiel der Schlagfertigkeit sprechen. Nur unter dieser Voraussetzung wird ein Witz, der ursprünglich die Erfindung eines unbekannten Kreativen war, zum Gemeingut, indem er - oft über Jahrzehnte hinweg - weitererzählt wird.

September 99







Karten-Telefon:
0731 55 34 12

oder E-mailen

Parken ums Theater herum
Lernen Sie das Theater kennen!
FAQ / Alle Infos auf einen Blick
Unser blog
Publikums-Stimmen bis 2008
Publikums-Stimmen ab 2008
Freunde, Partner, Tipps       
sitemap
Stücke-Archiv
Specials - Alleinstellungs-Merkmale
Impressum   -   Datenschutz
Unsere Gastro-Tipps
Jobs und Engagements im Theater